Die Heldburger Heybach-Orgel

Die Disposition:

I. Manual - C-f''':

 

1) Bordun 16'

2) Principal 8'

3) Viola da Gamba 8'

4) Hohlflöte 8'

5) Oktave 4'

6) Salicional 4'

7) Quinte 2 2/3'

8) Oktave 2'

9) Mixtur IV 1 1/3'

10) Trompete 8'

II. Manual - C-f''':

 

11) Quintatön 16'

12) Salicional 8'

13) Gedackt 9'

14) Oktave 4'

15) Flauto dolce 4'

16) Nasat 2 2/3'

17) Oktave 2'

18) Mixtur III 1'

19) Vox Angelica 8'

Pedal - C-d':

 

20) Violonbaß 16'

21) Subbaß 16'

22) Oktavenbaß 8'

23) Oktavenbaß 4'

24) Posaunenbaß 16'

25) Posaunenbaß 8'

 

Koppeln:

II/I

I/P


Der Plan für die neue Orgel stammt aus dem Jahr 1817. Acht Jahre später wurde das Werk des Heldburger Orgelbauers Lorenz Konrad Adam Heybach - am 5. Dezember 1825 - durch den Heldburger Kantor Brehm und Orgelbauer Schmidt aus Themar abgenommen. Anderthalb Jahre danach, am 27. Mai 1827, wurde die neue Orgel feierlich eingeweiht - der Festzug wurde durch den Orgelbauer Heybach selbst eröffnet. Die Kirchenmusik für die Veranstaltung bestritt Brehm, den geistlichen Akt vollzog Superintendent Lommler, der folgenden Weihspruch für die Orgel formulierte:

 

"Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes weihe ich dich, du, nebst Altar und Kanzel, teuerstes Kleinod unserer Kirche, du Orgel, heiliges Werkzeug zur Belebung stiller feierlicher Andacht. Zwar nur von der Hand eines Menschen gebildet, aber eines würdigen Künstlers und Bürgersohnes aus unserer Stadt. Durch die Schönheit, die Kraft, die Fülle deiner Töne, gib du unsern Seelen Flügel, sich zu erheben in das Land aller geistigen Schönheit und Vollkommenheit. Sei gesegnet, erwecke, begleite, verstärke jedes unserer religiösen Gefühle. Und damit du allen Anwesenden zeigest, dass du dies vermögest, so enthülle jetzt den ganzen Reichtum deines Wohllauts. Rede, sprich selber in deiner geheimnisvollen wunderbaren Sprache, deren Deutung sich uns in dem innersten Heiligtum unserer Brust kundtut."

Heybach soll beim Bau seiner mechanischen Schleifladenorgel Teile aus früheren Werken verwendet haben. Spätestens für 1587 ist ein Orgelneubau für die Kirche verbürgt, 1612 ist eine Reparatur durch Orgelbauer Jörg Kinzig (Neustadt) belegt. 1650 wurde die Orgel auf den Singechor versetzt, sie stand zuvor wahrscheinlich auf der Nordseite. Anfang der 1770er Jahre ist Orgelbauer Henne, höchstwahrscheinlich mit Dotzauer gemeinsam, am Umbau der Orgel beteiligt.


 

Am 19. September 2021 wurde die Orgel nach einer umfangreichen Sanierung feierlich wiedergeweiht.


Eindrücke aus der Orgelbauwerkstatt Waltershausen, in der sich die Orgel bis zum Herbst 2021 befand.


Aus den Akten zur Orgel in der Stadtkirche:

Landeskirchenarchiv Eisenach, Stadtkirche Heldburg,
Acta die Reparatur der Stadtkirche allhier betreffend Vol. III 1826,1827,1828 – 1853  Vol. III.,

zusammengestellt von Inge Grohmann

Prüfung der Heubach-Orgel in Heldburg 1827

Die Probe der Orgel nach der Vorschrift von „Wolfram“ soll am 5.12. vom Orgelbauer Schmidt von Römhild, Cantor Brehm aus Heldburg und Schullehrer Müller aus Gießübel vorgenommen werden.

Aus der Beauftragung der Prüfer seitens des geist. Untergerichtes, eine sehr ausführliche Erläuterung der Aufgabenstellung, (8 Seiten.) u.a.:
Die neue Orgeldisposition würde mit Beibehaltung verschiedener Register und des Pfeifenwerkes von der alten Orgel der Kirche und der erkauften Hofheimer Orgel hergestellt werden, deshalb sollten die Prüfer deren Rechtschaffenheit und Gewissenhaftigkeit untersuchen.


6. Dezember 1827, S. 59 Prüfbericht über die Prüfung der Orgel
Vor dem Herzoglichen Geistigen Untergericht waren erschienen
Orgelmacher Schmidt aus  Römhild
Cantor Brehm Heldburg
Lehrer Müller aus Gießübel und haben folgende Erklärung: wir die uns übertragene Orgelprüfung und zwar mit Zugrundelegung der von Wolfram in seiner Schrift über Kenntniss,  Beurteilung u. Erhaltung der Orgeln  vorgeschriebenen Fragen nun vollendet und wollen daher die Resultate unserer Prüfung zu Protokoll geben:

A. im Betreff der Bälge haben wir befunden:
1. Hat die Orgel 4 Blasebälge, 9 Zoll lang und 4 ½ Zoll breit und ihre Anzahl und Größe steht mit der Orgel in richtigem Verhältnis
2.  Sind sie richtig und bequem gelegt, auch
3. im Verhältnis zu ihrer Größe leicht zu treten.
4. Beim Treten öffnen sie sich im gehörigen Verhältnis
5. Gegen Beschädigungen sind sie gut verwahret
6. Sie sind von fichtenem Holz gefertigt u. sind
7. gut zusammen gefügt und geleimt
8. Es sind Rahmenbälge
9. Die ob-genannten Balgplatten  sind nach neuer besserer Art auf einen Balken stark und gut verwahret, welche aufgeleimt und von innen  mit eisernen Nägeln befestigt sind, auch sind die unteren Balgplatten auf ihren Lagern gut verwahret.
10. Die Stärke der Balgplatten beträgt 2 ½ Zoll
11. Die Roßadern oder vielmehr Pferdelochten sind eingebohrt u. liegen 3 `` bis 4 ``  übereinander,
dahero sich der Balg am weitesten öffnet und da wo er sich weniger öffnet  6`` auseinander
12. Die Bälge sind doppelt und gut mit Hammelfellen beledert.
13. Die Fangventile sind doppelt und mit den Balgplatten in gehörigem Verhältnis , sie sind aber
14.  Nicht aufgeschraubt, sondern mit Lederköpfen aufgenagelt, und die Rahmen (?) selbst gut beledert und aufgeleimt, damit die Fangventile leicht und gut abgenommen werden können.
15. Auch sind sie an der rechten Stelle angebracht. Besonders gut sind die Schlusscanäle gearbeitet und die Berechnung und sonstige Einrichtung derselben ganz zweckgemäß von selbst erledigt sich
16. durch Vorstehendes die Fenge wegen der Canalventile
17. Versichert Heubach, dass die Bälge innen sorgfältig verledert und mit Leimfarbe überstrichen sind.
18. Fand man, dass die Bälge überhaupt so wie überhaupt die ganze Orgel den Wind genau hält.
19. Gibt jeder einzelne  Balg einen gleichen Wind und dies geschieht auch bei allen zugleich getretenen Bälgen. 36 Grad gehörig.
20. Die Blasbälge treiben in den Windungen, die in der Disposition angegeben 36 Grad gehörig.
21. Die Bälge gehen ganz still aus und weder
22. Am unteren Balg sind keine Gegengewichte, am oberen Balg über befindet sich ein Gegengewicht
am Gurt mit einer Feder am Cullantentritt(?) angebracht.
23. Während der eine Balg abläuft, bleiben die übrigen getretenen Bälge ruhig,  keiner behauptet von seinen Kameraden den Vorzug.
Endlich
24. Sind die sogenannten Kröpfe ganz gut angepasst und verwahrt.


B. im Betreff der Windröhren  haben wir auf die Angabe Heubachs zu bemerken
1. dass sie überall mit Leimfarbe gut ausgestrichen, an den Ecken verledert und überall winddicht gemacht sind, und dass das zu denselben genommene Holz ohne alle Äste gewesen ist.
2. Sind die Windröhren von kiefernem Holz gefertigt  und
3. müssen die Kanäle in Absicht mit dem Pfeifenwerk im richtigen Verhältnis  stehen, da die Pfeifen durchgängig intonieren.


C. im Betreff der Windladen   
Haben wir gefunden, dass die Disposition nicht bloß eingehalten, sondern sogar noch mehr angeleistet worden ist, indem statt vier sechs halbierte Windladen gefertigt worden sind und daher eine Kombination der Windladen für die Manuale nicht mehr nötig wird, vielmehr zwei  Windladen für die obern 2,  für das untere Manual und 2(? oder 1 ?) für das Pedal gefertigt werden. Eben diese Vermehrung der Windladen macht eine Vergrößerung der Blasbälge nötig. Übrigens haben die Windladen  
1. ihrer gehörigen Größe,
2, genug Einfall des Windes, und sind auch
3. die Rahmen ( ?), Windkasten und Canzellen hoch und weit genug.
Die Rahmen sind, wo die Canzellen eingeteilt sind, 3  die Windkasten
 4 `` hoch.
4. Versichert Heubach, die Windkasten und Canzellen  mit Leimfarbe wohl ausgestrichen, auch
5. Die Canzellen gut verspundet zu haben.
6. Sind die  Beutelbreite ohngefähr 1 ½ `` starken Eichenholz, und von der gehörigen Stärke, auch eisernen Schrauben an den Windladen befestigt, welche
7. Die gewöhnliche Beschaffenheit der eisernen Holzschrauben geben.
8. Sind die Windkasten mit Spünden gemacht und gut verteilt, damit sie nicht so verquellen und im Fall, wenn durch Eintrocknen Luft entgehen sollte, solche durch das weitere Eintreiben der Spünde  verhindert werden kann.
9. Die Ventile sind von Eichenholz und haben
10. Ihre gehörige Größe und Gestalt.
11. Leitstifte sind nicht nötig,  weil das Pedal mit dem Manual nicht gekoppelt ist, vielmehr frei vor sich besteht.
12. Und 13. Die Koppelventile sind mit Schwänzen an die Windladen aufgeleimt, auch
14. Gut abgerichtet und beledert.
15. Die Federn, Stifte und
Anhänge bestehen aus Messingdraht und sind alle nach Grundsätzen der  Mechanik eingerichtet und angefertigt worden.
17. Stehen sie sämtlich in Federleisten
18. Sind sie weder zu stark noch zu schwach.
19. bilden ihre Schenkel alle einerlei Winkel
20. Notfedern sind einem akkuraten Arbeiter wie Heubach nicht nötig.
21. Die Beutelstangen haben hölzerne Hülsen und sind ganz gut gemacht, auch
22. auf die rechte Art mit den Ventilen verbunden, sowie
23. Von gehöriger Beschaffenheit und Dauer, weil die Beutelstangen unten und oben hölzerne Hülsen haben.
24. Sie haben hinlänglichen Spielraum und ziehen sich
25. In kapselförmigen Vertiefungen zurück.
26. Zu den dünnen Schleifen und Stöcken Ist das rechte Holz genommen und alles gut und dauerhaft bearbeitet, auch sind
27. Nach Heubachs Versicherung diese Teile sämtlich gut abgerichtet.
28. Sind nicht die Windladen, sondern die Schleifen gut beledert, was eines so gut wie das andere ist, auch sind
29. Die Schleifen in Hinsicht des An- und Abziehens ohne Tadel.
30. Eine Überziehung der Schleifen war gar nicht nötig,
a) weil die Manuale geteilt und
b) weil die beiden Laden …durch eine Koppel verbunden sind, und die
Schleifenfenster so eingerichtet sind, dass sie sich nicht weiter ziehen…
Übrigens sind sie
31. Alle wohl abgeschliffen und glatt bearbeitet.
32. Die Pfeifenstöcke sind mit eisernen Nägeln und ledernen Muttern versehen, gehörig befestigt und gut, auch haben sie
33. Die gehörige Stärke.
34. Von blinden Ventilen kann bei einem so fleißig gearbeiteten Orgelwerk, wie das des Heubachs ist, gar nicht die Rede sein.
35. Windverführungen und Conducten waren notwendig und sind auf die rechte Art eingerichtet.
36. Alle Pfeifen haben den nötigen Raum auf den Stöcken.
37. Die kleinen Pfeifen sind in Pfeifenbrettern und die größeren an Leisten durch Henkel befestigt.
38. Offenbedungene Orgelstimmen, die in den unteren  Octaven geduckt wären finden sich nicht.


D.  Bei dem Pfeifenwerk und zwar an den hölzernen Pfeifen haben wir gefunden
1. Dass zwar die Rohrflöte vom kleinen Octav an bis zur höchsten Pfeife derselben von Zinn gegossen sein sollte, aber nun ganz aus Holz gemacht ist, dagegen ist aber das Registeroctav 4` im Pedal, welche ganz von Holz gemacht werden sollte, aber nun ganz aus Zinn gefertigt, durch welche Veränderung Heubach keinen Nachteil, vielmehr erhöhten Aufwand hatte.
2. Bestehen die Körper, Kern, Verschläge und Füße aus dem rechten Holz und aus ganz gutem Holz.
3. Auch sind die Pfeifen sämtlich gut gefügt, geleimt und vernagelt, wie schon daraus hervorgeht, dass sie den rechten Ton halten.
4. Sind sie alle glatt und nett bearbeitet.
5. Die Verschläge sind aufgeleimt, damit sie bei etwaigen Reparaturen ohne Beschädigung des Holzes abgenommen werden können.
6. Die Spünde in den gedeckten Pfeifen sind gut eingepasst und beledert, wäre dies nicht, so würden die Pfeifen gar nicht ansprechen.
7. Die oberen Pfeifenmündungen sind alle gerade abgeschnitten und zeugen durchgängig von fleißiger Arbeit.
8. Sämtliche Pfeifen haben den rechten Abschnitt.
9. Ihre Labia sind mit großem Fleiße gemacht.
10. Den Pfeifen ist beim Intonieren auf die rechte Art der Wind gegeben
11. Mit ihren Füßen stehen sie richtig in der Kesselförung ausgebrannten Vertiefungen der Pfeifenstöcke. Überhaupt ist in Hinsicht des hölzernen Pfeifenwerkes alles auf die beste Art bearbeitet.


E. Metallenes Pfeifenwerk
1. Ist die Legierung gut, was sich äußerlich recht gut ersehen lässt, daher
2. Eine Probe der Legierung nicht nötig ist, auch sind
3. Die Pfeifen gut gelötet, hinlänglich stark und gleich gehebelt.
4. (fehlt)
5. Die Füße sind auf Leiste (?) gearbeitet,
6. Die oberen Pfeifenmündungen sind völlig und gerade abgeschnitten.
7. Alle Pfeifen sind gut geraten.
8. Auch haben die Kerne ihre rechte Lage und Beschaffenheit.
9. Leute (?) können sich aus an Pfeifen schlecht (?) Orgelbauer finden nicht an Heubachische (schlecht zu lesen!)
10. Die Hüte der verdeckten Pfeifen sin nicht geledert, sondern mit Papier aus gesetzt, weil letzteres vor dem ersteren um deswillen den Vorzug hat, dass man die Hüte ohne Beschädigung der Pfeifen abnehmen kann, während das Leder nach und nach mit dem Metall so fest verbindet, so dass solches nur mit Gewalt getrennt werden kann.
11. Die im Prospeckt stehenden Pfeifen sind gut poliert und schön gearbeitet, auch sind
12. Alle Pfeifen gut rundiert.


E . Intonierung und Stimmung
1. Sprechen alle Pfeifen richtig und schnell an, so wie sie ihrer Natur nach …
2. Die Pfeifen sind ganz richtig intoniert, soweit nicht die gegenwärtige äußere ungünstige Witterung nachteilig  auf die Intonation einwirkt, und insoweit nicht alte Pfeifen gebraucht worden sind.
3. Die Register, welche einen Strich im Ton haben müssen, führen diesen Strich gehörig, nur dem Violonbass fehlt vom untern C bis zum fis der Violonstrich und diese Töne nähern sich mehr dem Principalbass 16``, was jedoch bloß feine Kenner bemerken werden und nach unserer Überzeugung nicht als Fehler angesehen werden kann.
4. Liegt jedes Register so, als es seinem Namen g nach klingen muss.
5. Ist die Temperatur von vorzüglicher Güte
6. Ist das ganze Werk und jedes einzelne Register, besonders wenn man die gegenwärtige ungünstige Witterung  mit in Erwägung nimmt, rein und gut gestimmt.
7. Sind die Füllstimmen ebenfalls rein und sprechen auch alle Pfeifen in ihnen gehörig an.
8. Der Posaunenbass, die Trompete sowie alle Rohrwerke sind mit dem größten Fleiße, wie solcher nur immer von einem Orgelbauer gefordert werden kann, gearbeitet.
 (folgen drei Unterschriften, Bartenstein, Lomler, …)

Geschehen Heldburg den 7. Dezember 1827
Heute Vormittag fanden sich die genannten Herren Prüfer  der hiesigen neuen Orgel wieder an geistl. Untergerichtsstelle ein und fuhren in ihrer Erklärung nachgehend, ob schon heute Bußtag war, dennoch um die Herren an einem Tag länger herauf zu halten, bereitwillig zu Protokoll  nahm, fort
 in Hinsicht der Traktur haben wir an die Manuale anlangend gefunden
Dass die Manuale ihren gehörigen Umfang haben und sogar vom großen C bis zum dreigestrichenen F gehen.
2. Die unteren Tasten sind mit echtem Ebenholz belegt, die oben mit Knochen.
3. Die Tasten fallen nicht zu tief, und 4.
springen alle gleich wieder aufwärts
5. Sind sie weder zu schwer noch zu leicht zu spielen und erlangen
6. beim Wiederdrücken alle einerlei  Kraft.
7. Die Töne sprechen alle gleich an, und wir haben keine Schwebungen bemerkt
8., 9., 10. Die Manuale haben alle Eigenschaften einer guten Klaviatur, liegen dem Spieler bequem, auch ist die Manual Koppel recht eingerichtet und gut bearbeitet.

Einrichtung des Pedals
Hat es seinen gehörigen Umfang vom großen C  bis zum eingestrichenen D. Übrigens ist es durchgängig so gut und fleißig gearbeitet und entspricht demnach allen Erfordernissen, die Wolfram an ein gutes Pedal macht, so vollkommen, dass es überflüssig würde, auf die speziellen Fragen noch Antworten zu geben. Ganz dasselbe ist auch
In Hinsicht des Angehänges
der Fall, welcher nach Grundsätzen der Mechanik angelegt und mit allem Fleiße auf die Dauer ausgeführt ist.

F. bei der Registratur
lassen sich
1. Alle Register sanft und leicht an- und abziehen,
2. Gehen sie alle überein weit heraus und sind in den Bassladen die Schleifen  mit Stiften versehen und in den Manualen mit Koppeln, weil die Bassladen geteilt sind und auf beiden Seiten angebracht werden mussten. 3. Stehen sie alle gerade und liegen dem Spieler bequem zur Hand, auch wird
4. beim Registerzug beim An- und Abziehen vom andern mit bewegt.
5. Die Registerknöpfe sind ganz nach der Disposition gearbeitet und mit leserlichen und dauerhaften Aufschriften versehen.
6. Alles zur Registratur genommenen Holzes ist von guten und festen Holzarten.
7. Ist kein Teil zu schwach gearbeitet und
8. Auch hier ist alles nach Grundsätzen der Mechanik ausgeführt und dauerhaft bearbeitet.

G. Über das ganze Werk
bemerken wir hiernächst
1. Dass nichts heult, was umso rühmlicher für die Arbeit ist, da das Werk neu und die gegenwärtige Witterung äußerst ungünstig ist.
2. An keinem Register vernimmt man etwas Verdächtiges beim Spiel der großen Terzen.
4. Sperrventile und Termulanten sind in der Orgel nicht vorhanden und nicht nötig.
5. Das volle Werk ist eben so rein wie jedes einzelne Register und
6. Verhalten sich die Bälge auch bei vollem Werk ganz gut.
7. Der Klang des Werkes gewinnt in der Entfernung  und er hat
8. Überhaupt einen vollen, runden und prächtigen und wahrhaft majestätischen Orgelton.
9. Kann man zu jedem Teil der Orgel bequem gelangen.
10. Der Prospeckt ist nach vorgelegtem Riss gearbeitet und von vorzüglicher Schönheit, sowie überhaupt das Gehäuse mit Türen und Brettern gut verwahrt.

Nachdem diese speziellen Fragen von den Herren Prüfern gemeinschaftlich beantwortet worden waren, erklärte Herr Orgelmacher Schmidt, dass es angemessen sein werde, wenn jeder der Herren Prüfer sein Urteil über den Geist und Wert des Werkes im allgemeinen einzeln abgebe, so dass jedes bloße Zustimmen zu einer oder der anderen Äußerung über das Werk wegfalle, und durchaus selbständige Urteile  gefällt würden.

Es traten hierauf Herr Orgelmacher Schmidt und Herr Cantor Brehm auf kurze Zeit ab, und
1. Herr Schullehrer Müller gab sein Gutachten über das Allgemeine der neuen Orgelwerkes dahin ab:
Nach meiner Überzeugung spricht sich in dem ganzen Werk ein das religiöse Gefühl des Menschen in Anspruch nehmender  Weise erhebender Geist aus. Der Ton ist nicht bloß kraftvoll, sondern auch in vielen Registern ganz vorzüglich angenehm, und die Gefühle dermaßen bewegend, dass mir  beim Vernehmen dieser Töne mehrmalen unwillkürlich die Tränen ins Auge traten. Auf anderer Seite ist es, wenn eine volle Stärke gespielt wird, von höchster Würde und Kraft, ja wahrhaft majestätisch. Ich glaube daher, dass es ein vorzüglich gutes, dauerhaftes und schönes Werk genannt werden verdient, das keine Wünsche und Besorgnis mehr übrig lässt. Auch ist es ganz der Disposition gearbeitet.

Als nun derselbe abgetreten war, trat
2. Herr Orgelmacher Schmidt ebenfalls wieder und zwar ebenfalls allein ein und gab sein Gutachten dahin ab:
Der Geist des Werkes spricht Größe,  Kraft und Würde aus, und ich muss das Werk als ein meisterhaftes vorzüglich gelungenes Werk erklären, welches nach meiner Prüfkenntnis keinen Wunsch und keine Besorgnis offen lässt. Dabei muss ich aber auch noch bemerken, dass das Locale, wo das Werk steht, für dasselbe höchst günstig ist und dass der ganze  Bau der Kirche recht gerichtet ist, die Vorzüge dieses trefflichen Werkes vollkommen erkennen zu lassen. Noch erkläre ich ausdrücklich, dass alles, was  in der  Disposition versprochen worden, vollständig erfüllt ist.
Nun trat auch dieser ab und gab Herr
Cantor Brehm sein Gutachten ebenfalls ganz allein und selbständig dahin ab:
Die Orgel spricht mein Herz so gut, wie mein Ohr an. Sie hat entschiedenen Vorzug  für das Choralspiel in ihren sanften Stimmen für Vorspiele und Musiken vorzüglicher Lieblichkeit und wenn sie vollständig gezogen ist, Fülle, Kraft und Stärke, daher ich sie für ein gelungenes, gutes Werk und überhaupt für ein Kleinod unserer Kirche erachte. Bei der Disposition, welche der Kirche zu Grunde liegt,  welche richtig ausgeführt ist, bleibt für mich auch kein Wunsch oder Besorgnis in Hinsicht dieses Werkes übrig.

Hiermit wurde nun die Prüfung das Prüfungsgeschäft der neuen Orgel geschlossen, den Herren Prüfern die aufgenommenen Protokolle nochmals deutlich vorgelesen, dass die von ihnen  abgegebenen Gutachten darin treulich eingeschrieben seien, welche sie durch ihre Unterschriften unter gegenwärtiges Protokoll bestätigen wollten.
Unterschriften:
J. ?. Crämer, Fr. Bartenstein

Johann Heinrich  Schmidt, Orgelbauer
Johann Nicol Müller, Schullehrer
Carl Heinrich Brehm, Cantor

Historische Ansichten, Fotos: Hartmut Haupt