Martin Bötzinger. Ein Lebens- und Zeitbild aus dem 17. Jahrhundert

 

Einundzwanzigstes Kapitel

Der Postreuter von Eisenach

 

In dem Landgrafenhof zu Eisenach, wo die unglückliche Herzogin Anna von Koburg ehedem drei Jahre ihrer Gefangenschaft verlebt hatte, war es dem Herzog Johann Ernst zu enge gewesen; das ehemalige Absteigequartier der Landgrafen hatte sich zur fürstlichen Residenz als unzulänglich und unschicklich erwiesen, und der Herzog hatte in einem bedeutenden Anbau, zu dem die Steine der nahen, verfallnen Franziskanerkirche als sehr passend erachtet worden waren, ein stattliches Schloß herstellen lassen. Der ehemalige Friedhof war in einen Lustgarten und die Kemnate in ein Jägerhaus umgewandelt worden.

Herzog Johann Ernst hatte eben mit dem Grafen Hans Ludwig von Gleichen wegen dessen Erbverträgen eine Unterredung im Pavillon zu Ende geführt und wegen der Herrschaft Tonna die Vermittlung bei seinem Bruder Johann Kasimir, dem Lehnsherrn, versprochen, als der Hofmeister eintrat und nach untertänigster Verbeugung meldete: „Verzeihung, durchlauchtigster Herr! Es sind zwei Reiter angekommen, von denen der eine, Marschall Schweigmund von Unfind, Euer Durchlaucht zu sprechen wünscht.“

Marschall Schweigmund von Unfind? Hm! – Bring Er ihn hierher!“

Graf Hans Ludwig von Gleichen zog sich in die ihm angewiesenen Schloßgemächer zurück, und der Hofmeister entfernte sich, dem Befehl seines Herrn, der einstweilen vor dem Pavillon auf und ab ging, nachzukommen.

Als sich Marschall Schweigmund von Unfind näherte, zog sich der Herzog in den Pavillon zurück. Der Hofmeister trat ein, stellte sich zur Seite und meldete, auf den ihm nachfolgenden Fremden zeigend: „Marschall Schweigmund von Unfind.“

Auf einen Wink des Herzogs entfernte sich der Hofmeister. Der Herzog sah den Herrn Marschall verwundert an von Kopf bis zu Fuß und sagte kopfschüttelnd: „Marschall Schweigmund von Unfind? – Hm! – Die Zeit der Stegreifritter ist vorüber. Ich weiß nicht, was ich aus Ihm machen soll.“

Der Herr Schweigmund von Unfind ließ sich auf ein Knie nieder vor dem Herzog und rief erregt: „Euer Durchlaucht wolle aus mir machen, was Euch beliebt. Ich bin ein Unglücklicher, der seine Hoffnung auf Euer Durchlaucht Gnade gesetzet hat. Serenissimus, rettet mich! Ich habe einst in dem Licht Eurer Gnadensonne gestanden; aber ich habe mich vergangen. Über zehn Jahre lang habe ich gebüßt und komme nun zu Euer Durchlaucht Füßen, um Verzeihung zu erflehen.“

Der Herzog sah dem Bittenden scharf ins Gesicht; dann ging er sinnend in dem Pavillon auf und ab. Plötzlich blieb er vor dem Herrn Marschall stehen, sah ihn noch einmal scharf an und fragte in fast spöttischem Ton: „Bist du nicht der Pferdebändiger Hans?“

Ja!“, antwortete der Herr Marschall Schweigmund von Unfind.

So erhebe dich!“, befahl der Herzog.

Schweigmund von Unfind verharrte in seiner Stellung und wandte sich in großer Erregung mit den Worten an den Herzog: „Durchlauchtigster Herr! Eure Gnade würde mich zum glücklichsten Menschen machen, wolltet Ihr mich an Euerm Hof dulden, wenn auch zur geringsten Dienstleistung, und mir erlauben, fürder den Namen Schweigmund von Unfind zu führen.“

Erhebe dich! Du hast auf dem Stahlbogenschießen zu Koburg einen boshaften Streich verübt und bist aus Furcht vor der Strafe geflohen. Es sei dir verziehen, wenn du mir Beweise bringst, daß du dessen wert bist. Wie kommst du dazu, dich Marschall Schweigmund von Unfind zu nennen? Rede!“

Das Volk nannte mich Marschall Hans auf meinen Fahrten. Und als ich dem Herrn von Schaumberg auf Unterschwappach meine Dienste anbot, nannte ich mich Schweigmund von Unfind. Diesen Herrn habe ich durch meine Dienste vor großem Schaden bewahrt; aber ich konnte es nur unter diesem Namen. Und als der Herr von Schaumberg hörte, daß ich mich zu Euer Durchlaucht begeben würde, gab er mir aus Dankbarkeit dies Brieflein zu eigen, damit ich Euer Durchlaucht ein Geschenk machen könne.“

Mit diesen Worten überreichte der Herr Schweigmund von Unfind dem Herzog das Brieflein vom Bruder der Herzogin Christine, der Gemahlin des Herzogs Johann Ernst.

Der Herzog überflog das Dokument, fixierte einen Moment den Überbringer und verließ schweigend den Pavillon.

Nach längerer Zeit kam er zurück und sagte: „Herr Schweigmund von Unfind, Er hat dies Brieflein gelesen, und der Herr von Schaumberg auf Unterschwappach hat es auch gelesen. Wer hat es noch gelesen, und wie kam der Herr von Schaumberg zu diesem Ding da?“

Das weiß ich nicht.“

Da Er Schweigmund von Unfind heißt“ – diese Worte betonte der Herzog bedeutungssvoll –, „so soll er von heute an mein Postreuter sein. Der Postreuter Schweigmund von Unfind lasse sich vom Hofmeister Wohnung anweisen!“ Eine Handbewegung des Herzogs deutete die Entlassung an.

Aber der Herr Postreuter mußte noch etwas auf dem Herzen haben; denn er entfernte sich nicht, und der Herzog fragte: „Hat Er noch mehr dergleichen?“

Nein!“, antwortete von Unfind, „aber ich habe einen berittenen Diener, heißt Hinz; was soll aus diesem werden?“

Bleibt sein berittener Diener Hinz. Wenn Seine Pferde nicht zu schlecht sind, so stelle Er sie ein im Marstall! Morgen will ich sie in Augenschein nehmen.“

Der neue Postreuter entfernte sich. Der Herzog aber ging noch eine Zeit lang im Pavillon auf und ab. „Da hätten wir ja nun einige Aufklärung! Der gelehrte Herr Landgraf, der glatte Herr Schwager hats auf dem Gewissen!“ Mit diesen Worten verließ endlich der Herzog den Pavillon und begab sich ins Schloß.

So ward aus dem Spitzbubenmarschall der herzogliche Postreuter Schweigmund von Unfind in Grün und Gelb. Und es darf der Nachwelt ferner nicht vorenthalten bleiben, daß der Herr Schweigmund von Unfind ein herzoglicher Postreuter war, wie es vor und nach ihm keinen gegeben hat.

Sein „Löwengold“ und seine „Schwarzhenne“ hatten dem Herzog fast einigen Respekt eingeflößt. Und nach einem Vierteljahr schon rechnete Johann Ernst den Hans und Hinz zu seinen Treuesten. Dem Postreuter Schweigmund von Unfind war anfangs bei denen, die sich noch des Leibknechts Hans erinnern konnten, zwar Mißtrauen im Wege; aber seine ernste Zurückhaltung, sein vornehmes Wesen, seine Treue im Dienst und die Gunst, in der er beim Herzog stand, machten ihn bald dem weiblichen Geschlecht und den Fuchsnaturen gegenüber zu einer umworbnen, den Aufrichtigen und Treuen gegenüber zu einer geachteten und beliebten, den Unehrlichen gegenüber aber zu einer gefürchteten Persönlichkeit. Über seine Vergangenheit und Herkunft erfuhr niemand etwas, weder vom Herzog noch von Hans und Hinz: er blieb der Herr Schweigmund von Unfind.

Selbst der Herzogin Christine Neugierde, die durch den neuen Postreuter bei Überbringung einer Botschaft in Marksuhl erregt worden war, mußte unbefriedigt bleiben. Sie hatte eine außerordentliche Audienz befohlen und in ihrem Gemach den galanten, interessanten Herrn Schweigmund von Unfind in sehr herablassender, ja liebenswürdiger Weise erst in ihre astrologischen, dann in ihre kalvinistischen Materien und Mysterien unterzutauchen gesucht, um ihm durch geistreiches Unter die Arme greifen endlich Zutrauen abzuringen: vergeblich! Des Herrn Schweigmund von Unfind Brust war offen nur für einen Mann – den Herzog Johann Ernst, und nur für ein weibliches Wesen – für Susanna.

Wenn der Herr Schweigmund von Unfind in seinem stillen Zimmer auf dem Schloß in Eisenach saß, oder wenn er als Postreuter in Grün und Gelb auf der Landstraße ritt, dann dachte er an seinen Herrn oder an seine Susanna. Wann wirst du eine Botschaft nach Rudolstadt zu bringen haben? So fragte er oft in Sehnsucht und Sorge – in Sorge, weil in gedachtem Falle eine Begegnung mit dem Landjägermeister alles verderben konnte. Aber diese Sorge fand keinen rechten Boden in der Brust des Postreuters, die erfüllt war von Hoffnung und Mut, und brach im Kopf ihre Spitze ab am strategischen Genie. Der Sehnsucht freilich war die Hoffnung und der Mut und das strategische Genie gedeihlich: sie wuchs und wurde mächtig.

Als der Herbst des Jahres 1624 an den Feldrainen dahin schritt und die Rosenfrüchte fein rot und die Schwarzdornfrüchte dunkelblau färbte und einen weißlichen Duft darüber hauchte, und dann seine bunten Tinten über den Wald ausschüttete und mit seinem stürmischen Odem von den Zweigen schüttelte, was dem Moder verfallen sollte: da zog der Burggraf Georg III. von Kirchberg am Hof zu Eisenach als Gast ein, dem Jagdvergnügen obzuliegen. Aber es mußten noch besondre Angelegenheiten im Spiele sein. Denn bald nach der Ankunft des Gastes wurde der Postreuter Schweigmund von Unfind mit einer Botschaft an den Reichsgrafen Günther von Schwarzburg-Rudolstadt nach Schloß Schwarzburg abgeordnet.

Nun hatte der Sehnsucht das Stündlein geschlagen. An einem frischen Morgen – der Mond war im Untergehen, und das Rufen reisender Vögel fiel dann und wann in das stille Tal – ritt fröhlich der herzogliche Postreuter von Eisenach mit seinem Diener Hinz zum Tore hinaus. Als sie die Stadt hinter sich hatten, eilte die Schwarzhenne dem Herrn an die Seite, und Hinz fragte: „Gnädiger Herr, habt Ihr davon gehört, daß in alten Zeiten in diesem Tal einmal ein mächtiger König mit einem reitenden Kriegsvolk eine Zeit lang sein Lager aufgeschlagen hatte? Es muß ein wunderlich Volk gewesen sein, krummbeinig und schiefäugig, und Blut sollen sie gesoffen haben wie Wasser, und die Weiber und Kinder sollen auch dabei gewesen sein. Und da oben, wo alleweil die Wartburg steht, soll dieser wunderliche König schon dazumal eine Burg angefangen haben.“

Hinz, wo hast du das alte Märchen her?“, fragte der herzogliche Postreuter lachend. „Gnädiger Herr, gestern abend hats die alte Dorthe erzählt, und es muß wahr sein, denn die Dorthe hat zugehört, als es die Herzogin Christine ihrem Besuch zum besten gegeben hat. Und der König hat Etzel geheißen, und seine Frau war die grimme Hilde, sagt die Dorthe, hätt die Herzogin gesagt. Der grimmen Hilde Bruder aber war der Burgunderkönig Gunther, sagte die Dorthe; aber ich sage: Günther, gnädiger Herr! Denn es wird wohl des Schwarzburger Grafen Günther sein Urgroßvater gewesen sein. Die Weibsbilder verstehen das nit besser. Dazumal solls hierzuland lustig hergegangen sein; denn der Burgunder König und der König Etzel sollen einander große Feste angerichtet haben dahier, wo jetzt Eisenach steht. Da hätt ich dabei sein mögen und Konstabler sein solln. Gnädiger Herr, wenns wieder losgeht gegen die Päpstlichen, sollte doch unser Herzog auch rüsten.“

Der Herr Schweigmund von Unfind strich sich den Bart und dachte: Ich verstehe dich, Hinz. Mir behagt die Postreuterei so wenig wie dir. Es wird doch wahrhaftig bald ein andres Reiten beginnen: alle vier Wochen eine Staffel höher! So dachte der Herr Schweigmund von Unfind und schwieg.

Am Abend ritten die grüngelben Postreuter in Schleusingen ein, wo sie vom Herzoglich Sachsen-Weimarschen Rentmeister auf das schriftliche Ersuchen des Herzogs Johann Ernst im Schloß zur Nachtrast einquartiert und verpflegt wurden.

Am Morgen, nach einem scharfen Ritt durch das obere Schleusethal, passierten sie über Gießübel zu Fuß einen steilen Wiesenpfad und ließen ihre Pferde mit aufgeschlungnen Zügeln frei und ledig wie Hunde nachlaufen. Da kam vor ihnen ein Schiebkärrner aus dem Wald heraus, der auf demselben Pfad abwärts fuhr. Als dieser die ihm Entgegenkommenden erblickte, fiel ihm der Karren aus den Händen, rollte vom Pfade ab und stürzte, sich überschlagend, den steilen Abhang hinab in den Bach. Den Schiebkärrner kümmerte aber sein Fahrzeug nicht weiter. Er hob beide Hände hoch empor wie Moses auf dem Berge Nebo, als er in das gelobte Land schaute. Es war auch so ein Alter mit grauen Locken. Er hatte zwar keinen tot geschlagen, wie der Moses, aber einem Knaben die Hand abgehackt.

Mein Marschall und sein Schatzmeister! Das Löwengold und die Schwarzhenne!“ Der Alte rief es so laut, daß es ein Echo gab; dann brach er zusammen.

Aus den Wangen des Herrn Schweigmund von Unfind wich das Blut; er blieb stehen und strich mit der Hand über die Stirn. Hinz flüsterte: „Der Brattendörfer!“ und eilte zu dem ehemaligen Kameraden, der sich langsam wieder erhob. Nun trat auch der Herr Postreuter hinzu. Da wurde der Alte wieder lebhaft und fiel seinem „Marschall“ schluchzend um den Hals. Der wehrte es ihm nicht; denn er war auch erschüttert worden durch diese Erscheinung aus seiner Schmachzeit.

Aber Hinz faßte den Alten am Arm und zog ihn zurück. „Altes Weib! was soll aus deinem Schiebkarren werden? Der herzogliche Postreuter Schweigmund von Unfind hat keine Zeit zum Heulen!“

Nehmts net übel!“, rief der Alte, „aber ich hab mich nach meinem Marschall gesehnt; nun will ich gern sterben, da ich ihn noch einmal gesehen hab!“

Das Löwengold erkannte den Alten an seiner Stimme, wieherte und kam hinzu und fuhr dem alten Freunde, von dem es sonst manches Stück Brot oder Zucker erhalten hatte, mit seinen weichen Lippen über das Gesicht.

Siehst du, Schatzmeister? Das gute Tier da hats wie ich“, sagte der Alte und streichelte mit einer Hand das Pferd und mit der andern seinen vormaligen Herrn.

Was treibst du, Alter? Wo wohnst du? Wo kommst du her?“, fragte der Postreuter.

Treib Tauschhandel jetzund; ist sauer Brot. – Wo ich wohn? Ach, guter Marschall! Als Ihr unser Kapitel verlassen habt, und sich alle verlaufen hatten, da wußt ich net, wo naus und nan und bin zum Hauslehrer auf die Festing und hab ihn angefleht um Versorging. Und der Herr Bötzinger hat mich an meine Tochter gewiesen in Veilsdorf, und der Herr Schösser hat mir einen Brief mitgegebn an den Herrn Pfarrer, daß der Fürsprach tun sollt bei meinem Eidam. Bin auch aufgenommen worden; aber ich bin halt net gut angesehn: das wurmt mich. Drum treib ich mich draußen rum und seh, daß ich mich durchschlag; komm aus dem Schwarzatal; hab Hirsen, Dinkel, Linsen und Hutzeln ghabt und bring dafür Geld und alt Eisen, das ich in die Drahthütten nach Unterneubrünn fahr.“

Aus dem Schwarzatal kommst du? Da wollen wir hin, zum Grafen nach Schwarzburg.“

Bin nun schon sechs mal drübn im Schwarzatal gewesen und jedesmal auch auf dem Schloß Schwarzburg und auf dem Schloß zu Rudolstadt.“

Hinz lachte und sagte: „Der Graf ißt wohl den Dinkel gern?“

Dös net! Aber die Frau Kastellanin in Schwarzburg kauft mir Linsen ab, und auf dem Schloß zu Rudolstadt ist die Frau Jägermeisterin, die will immer von meinen großen dürren Schlehen.“

Der Postreuter fiel dem Alten erregt ins Wort: „Wie? Die Frau Landjägermeisterin hast du gesehen?“

Ach, jawohl, liebster Herr Marschall! Ne beergute Frau! Da krieg ich angericht, was die Küche Guts hat; und extra krieg ich noch ein Douceur.“

Wofür das Douceur, Alter?“

Ja, seht Ihr, Herr Marschall! Das Douceur krieg ich eigentlich vom gnädigen Fräulein.“

Also auch das Fräulein kennst du?“

Ei, besser wie die Mutter. 'S ist aber die leibhaftig Mutter, nur jünger! Aber beergut! Wenn ich in der Küchen eß, geht 's Fräulein Susanna draußen in den Büschen, wo ich vorbeikomm, spazieren. Und wenn ich herauskomm und fort will, da ist ne Bank unter ner großen Eiche; da sitzt sie drauf, und da muß ich von Franken erzähln. Und weil ich in allem Bescheid weiß, freut sie sich, und dafür gibt sie mir das Douceur und sagt: Kommt bald wieder!“

Da regte sich im Kopfe des herzoglichen Postreuters das strategische Genie, und die Sehnsucht verbündete sich mit ihm, und das ganze Wesen des Mannes ging auf in diesen beiden Mächten.

Hinz, hole den Karren des Alten herauf!“, befahl der Herr Schweigmund von Unfind. Hinz brachte den Schiebkarren leer und meldete, daß das Eisen zu schwer sei, es herauf zu schaffen. Nach des Strategen Anordnung wurde der leere Karren im nahen Dickicht versteckt; Hinz mußte in drei Gängen auch das Eisen herbeischaffen, das ebenfalls im Dickicht versteckt wurde.

Der Alte stutzte und wunderte sich. Aber Schweigmund von Unfind sagte zu ihm: „Du reisest mit uns ins Schwarzatal! Es soll nicht dein Schaden sein. Merk dir, wo dein Eigentum verborgen ist! Auf dem Schloß zu Rudolstadt mußt du morgen ein Geschäft machen. Hier nimm das und kaufe dir in Rudolstadt Ware ein.“

Mit diesen Worten drückte der Stratege dem Alten zwei Dukaten in die Hand. Das Gesicht des Brattendörfers strahlte vor Freude, so plötzlich wieder in die Dienste seines Marschalls gekommen zu sein. „Herr, da muß ich aber meinen Quersack mitnehmen!“, rief der Alte und holte ihn mit einer Eile aus dem Dickicht, die seines Alters spottete. „Nun könnte die Reise losgehen“, sagte er vergnügt, „sagt nur, guter Marschall, wies werden soll!“

Von diesem Augenblick an kennst du mich nicht mehr! Ich bin der herzoglich Sachsen-Eisenachsche Postreuter Schweigmund von Unfind, wohlverstanden?“

Jawohl, Herr Unfind von Schweigmund!“

Herr Schweigmund von Unfind!“, verbesserte Hinz.

Herr Schweigmund von Unfind! Und wie söll ichs mach auf dem Schluß?“

Welches ist deine gewohnte Stunde in der Schloßküche?“

Des Nachmittags um zwei Uhr herum.“

Gut! Also morgen nachmittag um zwei Uhr Und wie bist du in der Küche auf dem Schloß zu Rudolstadt. Und wenn du beim Fortgehen das Fräulein nicht auf der Bank siehst, so gehst du still deines Weges!“

Gut! gut! Aber es geschieht doch dem gnädigen Fräulein kein Leid?“

Nicht, Alter! Das Fräulein wird dir nachderhand, wenn du einmal wiederkommst, ein größeres Douceur geben als sonst.“

Gut! gut! Und nun reiten nur die Herren weiter! Morgen mittag um zwei Uhr speis ich in der Küche auf dem Schluß zu Rudolstadt, und das Fräulein geht spaziern zwischen den Büschen.“

Die Grüngelben von Eisenach gingen ihres Weges weiter. Aber der alte Brattendörfer stand still und sah ihnen nach, und das Löwengold fuhr ihm mit seinen Sammetlippen noch einmal über das Gesicht und folgte seinem Herrn. Die Schwarzhenne weidete schmackhaftes Kraut, das die Herbstfeuchtigkeit getrieben hatte, und schien sich weder um Hans noch Hinz hinfüro kümmern zu wollen. Plötzlich schreckte ein schriller Pfiff den Schwarzen aus seiner Zerstreutheit, und wiehernd eilte er nach der Bergebene, wo der Herr Schweigmund von Unfind sich schon auf sein Löwengold schwang und davon galoppierte, während Hinz zankend seines Tieres harrte.

Als dem Alten die Reiter aus den Augen waren, seufzte er tief. Dann zog er seinen Geldbeutel hervor, an dessen Nesteln blendendweiße „Otterköpfchen“ aufgereiht waren, ließ die beiden Dukaten in kindischer Freude einigemal aus einer Hand in die andre gleiten und schritt dann guter Dinge, den leeren Quersack über dem Arm, fürbaß, den Postreutern nach. „Verunehrt, bekehrt, geehrt!“, brummte er vor sich hin. „Wer weiß, was noch aus dem wird? Das Douceur wird nachderhand größer werden! Eija! 'S ist 'n sakermentischer Kerl, unser Marschall! Und wenn ichs erleb, daß er das Fräulein freit, bsüch ich die Leutle doch 'nmal. Freilich – 's sollt mich gleich der Teufel hol, wenn ich thät, als kennt ich ihn! – Berg und Tal kommn net zusammn, aber die Leut! – Mr sollt net men'n! – Eija! Eija!“

 

Der Reichsgraf Karl Günther mußte von Eisenach her angenehme Botschaft erhalten haben, denn er war gegen den Postreuter Schweigmund von Unfind, der mittags auf Schloß Schwarzburg angekommen war, recht gnädig. Er schien ohnedem auch Gefallen an dem ritterlichen jungen Mann zu finden und sagte zu ihm: „Laß Er sichs in Schwarzburg gefallen heut und auch morgen noch. Gegen abend wird mein Jägermeister, der Herr von Eckhold, von Rudolstadt herauf kommen; der kann Ihn mit auf die Pürsch nehmen, so Er des Weidwerks kundig und Liebhaber ist.“

Aber der Herr Schweigmund von Unfind verbeugte sich devotest und entgegnete: „Allergnädigster Herr und Gebieter! Ich wüßt nicht, womit ich mich Eurer Gnade wert gemacht hätte; aber ich würde mich dennoch glücklich preisen, wenn ich mir Euer Herrlichkeit gnädige Einladung als Befehl gelten lassen könnte, und meine Postroute mich nicht heute noch auf den Weg nach Kloster Paulinzelle wiese. So Euer Gnaden aber mir und meinem Knecht Mittagsrast auf Schloß Schwarzburg vergönnete, wollte ich von Herzen meinen untertänigsten Dank hiermit aussprechen.“

So mag es also sein, wenn Seines Herrn Weisung Ihm gebietet, heute noch weiter zu reiten. Wenn Er wieder einmal nach Schwarzburg kommt, mag Er einiger Tage Kurzweil in der Gesellschaft des Herrn von Eckhold gewärtig sein in unserm Schwarzagrund.“

Vier Wochen vorher war es gewesen, daß der Landjägermeister seiner Gemahlin den kaiserlichen Adelsbrief auf den Tisch gelegt hatte und sagte: „Hätt mich eher des Himmelfalls versehen!“ Und nun reitet der Herr Landjägermeister von Eckhold gen Schwarzburg, und es kommt ihm vor, als zögen die Leute ihre Hüte tiefer vor ihm als ehedem, und das ärgert ihn. „Hab ich nicht den Adel in die Pfanne gehauen, dummes Volk? Wenns nun aber einmal dem Grafen und meinem Schwäher so besser gefällt, meinetwegen auch. Aber ich bleib dabei: da Adam den Acker bauet und Eva spann, wer was da ein Edelmann?“

So brummte der neubackne Edelmann vor sich hin. Da sah er zwei Reiter vom Schloß Schwarzburg her kommen. Wie der Wind sausten sie vor ihm hin und schlugen den Weg nach der Fasanerie ein.

Herr von Eckhold hielt an. „Hölle und Teufel!“, rief er. „'S sind die Schwarzkünstler! Reiten mir über die Nase, wie in Franken verwichen, und lassen mir den Gestank! Da soll doch ein Donnerkeil – und aus dem Schloß kommt der Satan. – Susanna! Susanna! – Aufs Rad müssen die Halunken! Einen Scheiterhaufen für die Höllenbraten! Wozu habn wir das viele Holz! Da hilft alles nichts!“

Die Spuren des Schrecknisses im Antlitz ritt der Herr Landjägermeister in den Schloßhof ein.

Der Graf fragte, als der Herr von Eckhold bei ihm eintrat: „Fehlt Ihm doch nichts? Er sieht recht blaß aus.“

Allergnädigster Herr! Kein Wunder. Reitet mir da so ein Hexenmeister mit seinem Spießgesellen über die Nase – auf des Löwenwirts Fuchs! Und wenn ich auch den Löwenwirt nicht bedaure, daß sie ihm den Fuchs gestohlen und ihn auf eine Brunnröhre gebunden haben, so ist mir doch ein Stich ins Herz gefahren, als ich dran dachte, die Schelme könnten gar bei Euer Gnaden gewesen sein.“

Welche Schelme? Meint Er den Postreuter von Eisenach und seinen Knecht? Meint Er den Herrn Schweigmund von Unfind? Er ist wohl im Irrtum!“

Allergnädigster Herr Graf, eben den unfindischen Schweigmund meine ich, den Satanskerl mit seinem Gehilfen auf dem Rappen.“

Er ist nicht bei Trost, Jägermeister! Der Herr Schweigmund von Unfind steht im Dienst des Herzogs Johann Ernst von Eisenach und hat mir eben eine ehrende Botschaft gebracht. Wohl ist mir das Geschlecht derer von Unfind nicht bekannt; aber den Boten meines souveränen Freundes sollt er doch respektieren, lieber von Eckhold?“

Aber der Herr von Eckhold räusperte sich und pustete und hustete und hub an, von dem Spitzbubenmarschall zu erzählen, der durchs Schlüsselloch krieche und nicht bloß des Löwenwirts Fuchs, sondern auch aus dem gräflichen Marstall ehedem zwei Pferde gestohlen habe, und daß er vor Jahren mehrmals Gelegenheit gehabt, ihm das Licht auszublasen, wenn ihm nicht jedesmal der Teufel den Schuß versalzen hätte.

Der Herr Reichsgraf erinnerte sich wohl der Pferdediebstähle und alles dessen, was ihm vor Jahren schon sein Landjägermeister erzählt hatte über den Spitzbubenmarschall; aber er glaubte absolut nicht, daß der herzogliche Postreuter von Eisenach identisch sei mit jenem spitzbübischen Schwarzkünstler. Er gab aber insoweit nach, daß er hinwarf: „Werde mich gelegentlich beim Herzog Johann Ernst über seinen Postreuter Schweigmund von Unfind des Ausführlichen erkundigen.“ Und damit war die Sache abgetan.

Der grüngelbe Postreuter und sein Hinz ritten von der Fasanerie über Allendorf und Köditz und kamen bei einbrechender Nacht in Rottenbach im lieblichen Rinnetal an. Die Rottenbacher Buben und Mädchen, die in der nächsten Umgebung des Dorfes Anspannvieh und Ziegen gehütet und durch die Gunst des Herbsthutrechts in Langeweile geraten und aus Langeweile endlich Krieg gespielt hatten, waren zum Teil noch in heftiger Aktion auf der Wiese, als die beiden Reiter von Köditz her sich Rottenbach näherten. Da kamen sie zur Besinnung und merkten, daß ihr Vieh sich bereits nach Haus zu verzogen hatte, und liefen den Reitern nach an die Herberge. Aus der trat der Knecht heraus mit einer großen Laterne, um zur notdürftigen Unterbringung der Pferde zu leuchten. Je nachdem der Laternenstrahl fiel, konnte man sehen, daß dem einen Buben die Nase blutete, einem andern Straßenkot im Gesicht hing, einem dritten ein Kollerärmel fehlte, und ein vierter von Kopf bis zu Fuß durchnäßt war vom Wasser der Rinne. Da standen sie und glotzten die Pferde und die grüngelben Reiter an wie übernatürliche Erscheinungen. Herr Schweigmund von Unfind rief: „Geht heim, ihr Bubn, sonst kriegt euch der Werwolf!“

Da zerstreute sich die gaffende Kriegskameradschaft, und Herr von Unfind trat ein in die Herberge.

Hinz legte den Pferden Futter vor und begab sich dann in die Wirtsstube zu seinem Herrn, der am Tische vor einer kleinen Öllampe saß und mit Kreide ein großes „S“ gemalt hatte, das er mit zierlichen Schnörkeln ausstaffierte. Hinz bat sich das Pistol seines Herrn aus, tat den Schuß heraus und begann, es zu putzen. In dem großen grünen Ofen platzte das Feuer, und die Frau Wirtin buk einen Eierkuchen für ihre Gäste. In der „Hel“ verbargen sich drei Mädchen, die mit einer großen Gespanntheit nach den Fremden lugten und sich kein Wort und keine Bewegung entgehen ließen. – Die Magd machte den Fremden eine Kammer gastlich mit zwei ungeheuern Betten, für die sie nach der Wirtin Weisung noch etliche Pfühle aus dem obern Stübchen holte.

Der Eierkuchen und eine Schüssel mit gekochten Zwetschenhutzeln wurde endlich aufgetragen, und die herzoglichen Reiter ließen sichs schmecken.

Der Herr Wirt war in Geschäften nach Königsee gegangen und hatte sich dort auf dem Ratskeller festgesetzt.

Im Dorf aber ging ein Weib von Haus zu Haus, das war sieben Ellen hoch und schleppte sein dunkles, farbloses Gewand im Kot und blinzelte mit seinen halboffnen Augen und schob überall von außen den Fensterschieber zurück und munkelte hinein: „Der Werwolf ist da! Der Werwolf ist in der Herberge und will heut nacht alles fressen!“ Und die Kinder krochen zusammen und erzählten einander Schauergeschichten und steckten sich in selbiger Nacht tief unter ihre „Zudecke.“ Und die Großmütter und Großväter räucherten das Haus aus und den Stall und legten den Stallbesen vor die Haustür und machten drei Kreuze darüber. – Die Bursche schlichen zu ihren Mägden, die eine Gänsehaut bekamen vor Grauen und Angst, und die mit einander getrotzt hatten, wurden in selbiger Nacht einig. Und das Gerücht wurde immer größer, und seine Schleppe immer länger, und sein Augenblinzeln immer unheimlicher, und es ging von Haus zu Haus: „Der Werwolf ist da!“ die ganze Nacht.

Nicht weit vor Mitternacht kam der Wirt zurück von Königsee und stieß nicht weit von seinem Haus auf einen Haufen Männer mit Sensen, Dreschflegeln und Mistgabeln.

Hat solchen Empfang mir mein Weib angericht?“, rief der Wirt, dem ob seines langen Zechens und großen Rausches das Gewissen schlug.

Der Werwolf ist drin! Dres, geh nicht heim!“, rief ihm der Haufen zu.

Schadt nicht, wenn nur meine Frau schläft!“

Dres, 's ist kein Spaß, Dres!“, hieß es.

Aber Andres, da in seinem Haus kein Licht brannte, gedachte unangefochten ins Bett zu kommen und machte sich davon. Aber der Haufen kam bald nachgezogen und rief: „Dres, Dres! wo ist der Werwolf?“

Der Haufen wurde immer größer, und das Rufen immer ärger. Da kam die Wirtin um ihren süßen Schlaf. Sie stand auf, zündete Licht an und fragte zum Fenster hinaus: „Was wollt ihr denn?“

Lebt ihr noch, Grete? Wo ist der Werwolf?“, rief der Haufen vor dem Fenster.

Die Frau Grete wurde nicht klug. Sie schob das Fenster zu und kam auf den Gedanken, mit dem Werwolf könnte einer von den Fremden gemeint sein. Da ging sie stracks mit ihrem Lämpchen zur Kammer der Gäste und pochte sie heraus. Es dauerte nicht lange, so standen die Eisenacher gestiefelt und gespornt fragend vor der Wirtin. Und als der Herr Schweigmund von Unfind der Mär kund war und des Volkes vor dem Hause wahrgenommen hatte, lachte er und sagte zur Wirtin: „Ihr habt einen großen Hund da unter dem Tisch liegen; was kostet er?“ Die Wirtin lächelte und gab zur Antwort: „Nichts kostet das alte, falsch gewordne Tier. Lang schon sollts der Schinder bekommen; aber die Kinder littens nicht.“

Da riß der herzogliche Postreuter das Fenster auf und fragte die bewaffneten Bauern: „Wollt ihr den Werwolf tot oder lebendig?“

Tot! Tot!“, rief es durcheinander.

So stoßt den Hund zur Haustür hinaus, Frau! Und du, Hinz, leuchtest ein wenig!“

So geschah es. Der sicher treffende Schweigmund von Unfind schoß das räudige Tier durch die Lunge, daß es heulend die Treppe hinunterkugelte. Dann ward die Tür verschlossen. Die Wirtin erhielt nun Aufklärung über die Entstehung des Gerüchtes, und als sie sich überzeugt hatte, daß ihres Gastes Einfall seine gute Wirkung getan habe, suchte sie ihr Lager auf mit allerlei wunderlichen Gedanken im Kopfe.

Hinz erhielt die Weisung von seinem Herrn, am Morgen eine halbe Stunde früher aufzustehen als gewöhnlich und mit dem Wirtsknecht den Werwolf zu begraben.

Als nun in Rottenbach für das düstere Weib mit der langen Schleppe des Bleibens nicht mehr war, zog es aus in die nächsten Dörfer und munkelte: „Der Werwolf kommt; in Rottenbach hat er schon viele Leute gefressen!“ – und machte seinen Weg durch ganz Thüringen.

 

Der Werwolf war begraben. Die Ritter vom Werwolf hatten den Paulinzeller Forst durchritten und hielten sich mit ihren Pferden auf der Nordseite des Rudolstädter Schloßbergs in einem Dickicht versteckt.

Kein Zweiglein rührte sich, und kein Blatt. Die Sonne meinte es so gut, als habe sie Lust, noch einmal die Blühkraft der Erde zu wecken, dem nahenden Winter zum Trotz. Und wirklich, es hatten hie und da Frühlingskinderchen die Köpfchen erhoben und sich der Herbstsonne erschlossen: sie hatten sich betören lassen. Es hatten Schmetterlinge die Hülle gesprengt und taumelten im Frühlingswahn; aber des Nektars waren sie bar. Ein süßduftendes Veilchen begegnet dem bittern Enzian und erschrickt vor der ungewohnten Kameradschaft. Und die bethörte Anemone vermißt trauernd die Kätzchen an der Weide mit den summenden Bienen. So trägt der Herbst den Frühling an der Brust, wenn der Himmel gnädig ist. Und es fällt der Schnee des Winters in den lachenden Frühling, wenn die Himmlischen die Erde beneiden.

Einen Schmetterling jagend, tummelt sich Susanna wie ein Kind zwischen dem Gebüsch: aber sie ist gefangen in der Sehnsucht der Jungfrau. Dem Schmetterling gleich flattert sie dahin, immer weiter in den Wald hinein; aber sie ist schwer vom Nektar, und plötzlich sinkt sie nieder wie die Frühlingsblume unter dem Schnee des Winters, blaß wie der Schnee, ohnmächtig vor dem Manne ihres Herzens.

Vor dem Mai mit seiner Feuersonne weicht der Schnee. Der Hauch des Maien wirkt Wunder. Die Mächtigkeit des Mannes wirkt Schrecken und Ohnmacht; aber des Mannes Odem belebt den Marmor.

Die Blässe weicht, des siegvollen Lebens Röte tritt auf die Wangen – die langen Wimpern schlagen sich auf, der Seele Flammen brechen aus den dunkeln Augen. Susanna streckt die Arme empor, und der Strom ihrer Süße überflutet den sturmvollen Mann! „Willst du mich holen?“

Noch ist es nicht an der Zeit. Es können noch Jahre vergehen.“

So muß ich vergehen in Sehnsucht!“

Halte aus! Bleibe treu! Des Wartens Los, wie es deiner Mutter gefallen ist, soll dich nicht verkümmern!“

Ach, bleibe bei uns – eine Woche – einen Mond – daß mich mein Vater dir verlobt!“

Oh, holde Traute! Meine Zeit ist nicht mein: sie gehört dem Herzog von Eisenach. Dein Vater ist mein Feind!“

Mein Vater dein Feind? – O Jammer! Was hast du verbrochen?“

Dein Vater hält mich für einen Diener der schwarzen Kunst. Sprich nie von mir zu ihm!“

Weh mir! Wehe!“

Ich hol dich in Ehren. Und dein Vater wird dich ziehen lassen. Sind wir verbunden vor Gott und der Welt: dann brech ich deines Vaters Feindschaft durch ein Bekenntnis.“

Durch ein Bekenntnis? Und dies Bekenntnis willst du mir schuldig bleiben? Wie kann ich dein sein, wenn du nicht mein bist mit all deinen Geheimnissen?“

Ich hole dich, wenn ich deiner wert bin. Und mein Bekenntnis soll dir dann nicht vorenthaltenbleiben und soll mich vor dir auch nicht entwerten. Du sollst eines Mannes werden, der das, was er ist, sich selbst verdankt, der schwere Kämpfe zu kämpfen hatte mit der Welt verrückten Bedeutung, und dem noch Schweres obliegt. Aber wenn du mich lieb hast, so glaubst du auch an mich und fragst nun nicht mehr weiter nach dem, was ich itzund noch verschweigen muß.“

Ich glaube an dich seit der Stunde, in der ich dich zum erstenmal sah. Hast du ein belastet Gewissen, so nimm auch mich noch als Bürde.“

Sei stille, mein Lieb! Es ziemt sich dem Mann nicht, sich zu loben. Aber dein Glaube an mich ist ein besserer Glaube, als der Glaube deines Vaters an den Teufel!“

Susanna klammerte sich fest an den Mann ihres Herzens, und Schweigmund von Unfind umschloß mit seinen starken Armen einen Besitz, der ihn mit Seligkeit erfüllte.