Johann Michael Schmidt

(1798-1876)

Von 1750 an hatte sich das Handwerk des Orgelbaus in Schmiedefeld bereits etabliert. Diese reiche Tradition sollte auch Michael Schmidt weiterführen.

 

Michael Schmidt war das 6. Kind des Schäfthauers und Choradjuvanten Johann Sebastian Schmidt und seiner Frau Catharina Margaretha, geborene Schmidt.

Seine Geschwister waren Johann Nicolaus (19. November 1786 - ? ), Ursula Elisabetha (8. Mai 1788 - ? ), Johanna Christina (9. Februar 1791 - ? ), Johanna Margarethe (3. Oktober 1793 - ? ) und Christian Benjamin (4. Mai 1796 - ? ).

Johann Michael Schmidt wurde am 10. August 1798 geboren und getauft.

 

Michael Schmidt hat in der Orgelbauwerkstatt des Johann Michael Holland (1774-1852) die Orgelbaukunst erlernt. Johann Michael Holland war die dritte Orgelbauergeneration in Schmiedefeld und hatte den Betrieb von seinem Vater Johann Caspar Holland (1747-1834) übernommen. Fast zur gleichen Zeit wie Michael Schmidt bildete Michael Holland seinen Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm Holland (1804-1879) zum Orgelbauer aus. Daher erklärt sich die teilweise verblüffende Ähnlichkeit der Orgeln beider Orgelbauer.

 

Die ersten Arbeiten von Michael Schmidt sind gemeinsam mit Heinrich Schmidt in Seidingstadt (1834), Bürden (1837) und Mengersgereuth-Hämmern (1837-39) aus.

Bei der letztgenannten Orgel half Michael nur gelegentlich, denn im Jahr 1837 hatte sich Michael Schmidt mit einer eigenen Werkstatt in Schmiedefeld selbständig gemacht. Sein Wohn- und Arbeitshaus stand in der Amtsgasse 5.

 

Michael Schmidt unterschrieb am 28. Juni 1837 seinen ersten Orgelbauvertrag. Diese Orgel baute er nach Gleicherwiesen. Von ihr ist uns der Riss erhalten. Da die Kirche in Gleicherwiesen erst Anfang der 1840er Jahre zu Ende gebaut wurde, ist wohl auch die Orgel erst in jener Zeit fertig geworden. Sie st wie viele Schmidtorgeln noch original erhalten. So auch die Beschriftung der Registerknöpfe. Die Registernamen sind hier in Schreibschrift geschrieben.

 

Am 20. Oktober 1837 schrieben Heinrich und Michael Schmidt von Römhild aus einen Voranschlag für eine neue Orgel in Bürden. Der Orgelbauvertrag ist auf den 8. März 1838 datiert.

Die ersten Orgeln aus der Schmidtschen Werkstatt waren relativ kleine Instrumente. So auch das 1838 gebaute Orgelwerk in Rentwertshausen. Die sehr solide Bauweise der Orgeln aus der Werkstatt von Michael Schmidt ist ein wesentlicher Grund, weshalb heute noch fast alle Instrumente erhalten sind.

Bei der Veilsdorfer Orgel war dies anscheinend etwas anders. Das Orgelwerk, welches Schmidt in die Trinitatiskirche nach Veilsdorf lieferte, wurde in den Wintermonaten von 1839 zu 1840 in Schmiedefeld vorbereitet. Bereits nach 40 Jahren wurde es durch eine neue Orgel ersetzt, erbaut von Schmidts Nachfolger Theodor Kühn (1840 - 1902) aus Schmiedefeld.

Das erste größere Orgelwerk baute Schmidt in die Kirche nach Jüchsen.

 

1841 vollendete Schmidt die Orgel in Gerhardtsgereuth. Aus dieser Zeit dürfte auch die Orgel in der Kirche zu Nordheim stammen.

Durch den Orgelneubau in die St.-Oswald-Kirche Schnett im Jahre 1842 wäre beinahe das Andenken an die Ilmenauer Orgelbauer Gottlieb Heinrich und Johann Georg Fichtel verloren gegangen. Aber Michael Schmidt bewahrte den Prospekt und baute seine Orgel dahinter – eine eher unübliche Praxis für seine Zeit.

Anfang der 1840er Jahre baute Schmidt eine Orgel für die Heubacher Kirche. 1843 bewarb er sich ergebnislos um den Orgelneubau in der Kirche zu Sonneberg.

Am 12. März 1844 schrieb Schmidt ein Kostenangebot über eine neu zu erbauende Orgel in die kurz vor ihrer Vollendung stehende neue Kirche zu St. Bernhard.

Am 29. Mai 1845 schlossen der Eichaer Schultheiß Nicolaus Pozz und der Orgelbauer Michael Schmidt einen Vertrag.

Am 21. September 1845 unterzeichnet Schmidt einen Vertrag zum Bau einer neuen Orgel für den Ort Harras. Da die Orgel noch original erhalten sind, war ein Dispositionsvergleich möglich. Dieser ergab, dass Schmidt sich nicht vollständig an seinen im Vertrag festgelegten Entwurf hielt.

Vom 5. Oktober 1845 ist ein Kostenangebot für eine Orgel in die Kirche zu Heßberg erhalten: Es ist sehr fraglich, ob es zur Ausführung dieser Arbeiten gekommen ist, da sein Neffe Ferdinand Möller 1869 eine Orgel nach Heßberg lieferte.

Eines seiner größten Orgelwerke errichtete Michael Schmidt 1846 in der Dreifaltigkeitskirche zu Eisfeld – es umfasst 30 Register auf zwei Manualen und Pedal.

 

Die Orgeln aus den Jahren 1850/51 sind uns leider noch nicht bekannt. Erst die kleine Orgel für die Kirche in Weitersroda bringt uns einen Hinweis auf die nächste Aktivität im Orgelbau. Am 20. November 1851 schrieb Michael Schmidt einen Kostenvoranschlag für Weitersroda.

Die nächste uns bekannte Orgel erbaute Schmidt unter ähnlichen Umständen wie in Mendhausen nach Milz.

 

Wie mag wohl Michael Schmidt die Doppelorgelanlage von Bedheim empfunden haben? Beim Betreten der Bedheimer Kiliankirche sieht man auf der linken Seite die Hauptorgel auf der ersten Empore stehen und auf der rechten Seite über dem Altarraumbogen die Schwalbennestorgel. Beide Orgeln lassen sich von einem Spieltisch aus spielen.

 

Michael Schmidt dürfte beim Anblick dieser Orgelanlage wohl der romantische Gedanke eines Fernwerkes gekommen sein. So disponierte er dann auch das Instrument:

Hauptwerk

starke Intonation

 

Principal 8’

Bordun 16’

Viola d’ Gamba 8’

Hohlflöte 8’

Bordun 8’

Octave 4’

Quinte 3’

Octave 2’

Mixtur 4fach 2’

Trompete 8’

Rückpositiv

sanfte Intonation

 

Flauto traverso 8’

Salicional 8’

Gedackt 4’

Cornett 3fach

Pedal

starke Intonation

 

Violon 16’

Subbaß 16’

Octavenbaß 8’

Posaune 16’

 

Nebenzüge:

Manualkoppel

Pedalkoppel

Calcantenzug

Sperrventil zum Rückpositiv


Schmidt nahm an den Orgeln einige einschneidende Umbauten vor, die später rückgängig gemacht worden sind.

Den Kostenvoranschlag für die Schlechtsarter Orgel schrieb Schmidt am 18. Juli 1856.

In Ummerstadt stand seit 1747 eine Orgel des privilegierten Orgelbauers Johann Christian Dotzauer aus Hildburghausen. Diese entfernte Michael Schmidt im Jahre 1857 und baute hinter dem Dotzauer-Prospekt.

 

Im Jahr darauf hatte Schmidt wiederum mit einer Dotzauer Orgel zu tun. Diese stand in der Kirche zu Rodach. Schmidt erhielt den Dotzauerprospekt und stellte sein neues Werk dahinter. Hermann Fischer bemerkt zu dieser Orgel: „ ... daß die Tonfolge keine Rücksicht auf den Prospekt nahm und die Ventile des Hauptwerkes seitlich durch Kippen um die Längsachse aufgezogen wurden.“ Beide Eigenarten finden wir auch in anderen Schmidtorgeln.

Bis zum Anfang des 20. Jahrhundert gehörte das Coburger Land mit zu Thüringen. So bekam Michael Schmidt auch Aufträge in diesem Bereich, nach Ottowind, Rothhausen und Gollmuthhausen.

 

1860 bekam die Grabfeldgemeinde Linden eine Orgel aus der Schmiedefelder Werkstatt. Interessant ist hier die Prospektgestaltung. Der Lindener Prospekt ist der erste, der gewissermaßen aus dem Schmidtschen Rahmen fällt.

Einen ganz typischen Schmidtprospekt hat die Orgel in der St. Ulrichskirche zu Heinrichs (heute Ortsteil von Suhl). Dieses Instrument baute Schmidt in den Jahren 1863-64.

Auch der Häselriether Orgelprospekt ist in der typischen Schmidtbauweise erstellt und hat große Ähnlichkeit zu den Orgeln beispielsweise in Jüchsen, Heubach und Heinrichs.

 

Im Kostenvoranschlag für die St. Veitskirche zu Sülzfeld vom 19. Juli 1864 gibt Michael Schmidt seine Disposition an.

Dieses Instrument gehört neben Eisfeld und Bibra zu den größten, welches die Schmiedefelder Werkstatt verlassen hat.

Im Oktober und November des Jahres 1864 wurden die Orgeln für Hellingen und Roth entwurfen. Ähnlich wie in Linden haben die Prospekte ein ganz anderes Aussehen. Die Hellinger Orgel wurde vermutlich als erstes gebaut.

 

Vielleicht haben die Veränderungen in der Prospektbauweise auch einen ganz anderen Hintergrund. Der Altmeister Michael Schmidt, der schon stark auf die 70 zuging, wird sich mehr und mehr aus dem Geschäft zurückgezogen haben. Das konnte er beruhigt tun, da sich sein Werkstattmeister Theodor Kühn (1840-1904) schon so weit profiliert hatte, dass er die Leitung der Werkstatt schon hatte übernehmen können. Von daher wäre es denkbar, dass Kühn bei diesen Orgeln seine Prospektvorstellungen eingebracht hat.

Im Jahre 1865 erfolgten umfangreiche Reparatur- und Umbauarbeiten an der von Johann Georg Henne (um 1725-1799) erbauten Orgel von 1786 in der Christuskirche zu Hildburghausen.

Ähnlich wie in Hildburghausen war eine Reparatur in der Römhilder Stiftskirche geplant. Da die Orgel, 1680-82 von Johann Moritz Weiße gebaut, schon fast 200 Jahre alt war, kam die Reparatur einem Neubau gleich.

 

Neben Theodor Kühn gehörte auch Schmidts Neffe Ferdinand Möller (1829-1880) zu den Mitarbeitern in der Werkstatt. Er wird aber nicht nur als Orgelbauer, sondern auch als Kaufmann und Schulze erwähnt. Möller machte sich später selbständig, da er vermutlich Ärger mit seinem Onkel hatte.

 

Michael Schmidt muss am Ende seines Lebens ein recht wohlhabender Mann gewesen sein. So konnte man sich nach seinem Ableben auch einen Arzt leiste, der den Tod feststellte.

 

Die Sterbeeintragung lautet: „Johann Michael Schmidt, Orgelbauer und Mühlenbesitzer ... + 14. Juni 1876 - 77 Jahre, 10 Monate, 3 Tage, früh 4 Uhr - begraben 16. Juni auf dem Schmiedefelder Friedhof 529a, Alterschwäche; Bemerkung: Auf Grund eines ärztlichen Todtenscheines vor Ablauf der gesetzlichen Frist beerdigt.“

 


Quellen:

 

Torsten Sterzik: Gutachten über die Schmidtorgel in der Dreifaltigkeitskirche zu Eisfeld

Torsten Sterzik: Zustandsbericht über die Schmidtorgel in der St. Wolfgangskirche zu Heubach

Fischer/ Wohnhaas: Historische Orgeln in Oberfranken

Pfarramtsarchiv Schmiedefeld

Richard Lah: Gutachten über die Orgel in der Kirche zu Milz

Torsten Sterzik: Zustandsbericht über die Schmidtorgel in der Kirche zu Eicha

Torsten Sterzik: Wiege des Thüringer Orgelbaus in Glaube und Heimat Nr. 2-14. Januar 1995

Staatsarchiv Meiningen Abt. IV 5719

Vicki Brandel: Geschichte des Orgelbaus in Schmiedefeld und seine Zeugnisse in der Gegenwart

Löffler, Dobitzschen „Thüringer Musiker“; Manuskript im Landeskirchlichen Archiv der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen

Felix Friedrich / Torsten Sterzik „Das Thüringer Orgelbauerlexikon“ (in Vorbereitung)

Hartmut Haupt: Orgeln in Ost- und Südthüringen

Gernot Schmidt: Restaurierungsbericht über die Hauptorgel von Caspar Schippel von 1711 und die Schwalbennestorgel von Nicolaus Seeber von 1721 in der St. Kiliankirche zu Bedheim



THÜRINGER ORGELJOURNAL 1998